Sie sind hier: Übersicht > 5. Archiv > Weniger Lohn für Beschäftigte der Busgesellschaft



aus der Märkischen Oderzeitung vom 23.01.2003:

Weniger Lohn für Beschäftigte der Busgesellschaft

Spartentarif soll Wettbewerbsfähigkeit verbessern

Von Steffen Göttmann

Kreis Barnim (MOZ) Für die 245 Beschäftigten der Barnimer Busgesellschaft (BBG) beginnt ein neues Tarif-Zeitalter. Rückwirkend zum 1. Januar unterliegen sie nicht mehr dem öffentlichen Dienst. Für die BBG gilt ein spezieller Spartentarifvertrag, der für die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs im Land Brandenburg ausgehandelt wurde.

Ziel sei es gewesen, das Unternehmen auf den europäischen Markt vorzubereiten, teilte BBG-Geschäftsführer Frank Wruck mit. Es sei zu erwarten, dass der öffentliche Personennahverkehr bald europaweit ausgeschrieben werden müsse. Der Spartentarifvertrag sei ein großer Schritt, um die Busgesellschaft im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen.

Für die Beschäftigten bedeute dies jedoch einen "deutlichen Einschnitt von 9,5 Prozent" weniger Lohn, räumt Wruck ein. Ferner reduziere sich die Wochenarbeitszeit um zwei auf 38 Stunden ohne Lohnausgleich. Im Gegenzug verzichtet die Barnimer Busgesellschaft bis Ende 2008 auf betriebsbedingte Kündigungen. Außerdem "bekennt" sich der Landkreis als Eigentümer zum Unternehmen. Mit anderen Worten, eine Privatisierung der Barnimer Busgesellschaft ist erst einmal vom Tisch. Auf diese Variante hätten sich Arbeitgeber und die Gewerkschaft ver.di nach mehr als einen Monat dauernden "zeitweise schwierigen Verhandlungen" geeinigt, so der Geschäftsführer. Gleichzeitig dankt er der Belegschaft für ihren Beitrag, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, "dies ist nicht selbstverständlich".

"Mit Bauchschmerzen haben die Beschäftigten den Tarifvertrag hingenommen", sagte Klaus Gröhler, Betriebsratsvorsitzender der BBG und Vorsitzender der Tarifkommission, gestern auf MOZ-Anfrage. Die Stimmung im Betrieb sei daher nicht die allerbeste. Im Hinblick auf den europäischen Markt seien die Mitarbeiter den Arbeitgebern entgegengekommen.

"Wir hoffen, dass es der richtige Weg war", sagt Gröhler. Die Mitgliederversammlung habe sich dafür entschieden. Der Kündigungsschutz und das Bekenntnis der Landkreises zum Unternehmen seien keine unerheblichen Gewichte in der Waagschale. "Das ist sehr viel", so der Betriebsratsvorsitzende.

"Sechs Jahre Ruhe, das ist eine gute Sache", bestätigt Jens Gröger, Landesbezirks-Fachbereichsleiter Verkehr von ver.di, der die Verhandlungen seitens der Gewerkschaft führte. Die Einschnitte sehe er nicht so kritisch, gibt aber zu, dass die Vertragsinhalte den Mitgliedern teilweise schwer zu vermitteln seien. Beim Bruttolohn wirke sich die Lohnreduzierung nicht aus. Erst beim Weihnachts- und Urlaubsgeld werden die BBG-Mitarbeiter den Verlust in der Lohntüte spüren. Die Lohnerhöhung von 2,4 Prozent im öffentlichen Dienst werde automatisch auf die Spartentarifverträge übertragen. Die Ostangleichung an den Westtarif müsse jedoch nachverhandelt werden, so Gröger, zuvor ver.di-Chef in Eberswalde.

Die Barnimer Busgesellschaft, die Nahverkehr im Barnim und im Altkreis Bad Freienwalde bestreitet, ist nicht das erste kommunale Nahverkehrsunternehmen in Brandenburg, das einen Spartentarifvertrag ausgehandelt hat. Beim Busverkehr Oder-Spree, der Personenverkehrsgesellschaft Schwedt, Angermünde, der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft und dem Stadtverkehr Frankfurt (Oder) gebe es diesen bereits, so Geschäftsführer Wruck.




Leserbrief von Ronald Krüger, Berlin zum Beitrag

"Weniger Lohn für Beschäftigte der Busgesellschaft"

der MOZ vom 23.01.2003

Da haben wir es mal wieder! Wenn gespart wird, geht es zuerst dem kleinen Mann an den ohnehin schmalen Geldbeutel. Vielleicht sollte man doch erst prüfen, ob wirklich alle Mittel ausgeschöpft wurden und ob es auch andere vielleicht sogar innovative Wege gibt.

Allerdings sollte man nicht vergessen, dass die Stadt in den letzten Jahren vieles unternommen hat, um eine wirtschaftliche Verkehrsabwicklung durch die Barnimer Busgesellschaft (BBG) unmöglich zu machen. So wurde im Brandenburgischen Viertel eine kaum genutzte Fußgängerzone eingerichtet, welche die Busse mit 10 km/h befahren dürfen und an deren Enden sie noch nicht einmal Vorfahrt haben.

Die Außerkraftsetzung der Hauptstraßenregelung im Brandenburgischen Viertel und auf der Friedrich-Ebert- Straße führte nicht nur zu weiterer und teurer Fahrzeitverlängerung, weil an jeder noch so kleinen Nebenstraße bis fast zum Stillstand abgebremst werden muss, sondern schuf zusätzlich Gefahrenpunkte im Straßenverkehr durch die unübersichtliche Bebauung in der Ebert-Straße. Wie oft kam es schon zu gefährlichen Situationen seit dieser Regelung!? Nicht zu vergessen, dass alle Kraftfahrzeuge dadurch ständig bremsen und beschleunigen müssen, was eine höhere Lärmbelästigung und somit einen sinnlos höheren CO2-Ausstoß und höheren Energieverbrauch verursachen und damit die Umwelt belasten. Zu Zeiten der Vorfahrtregelung musste oft nur ein Verkehrsteilnehmer anhalten, jetzt tun es alle. Respekt für diese Fachkompetenz!!

Dieselbe "Erhöhung" der Lebensqualität hat man nun auch im Wohngebiet Finow-Ost für die Bürger erreicht. Stattdessen hätte man die Ringstraße am Garagenkomplex für 50 km/h ausbauen sollen, die Ausfahrten der Anwohnerstraßen übersichtlicher gestalten und so den Weg frei machen können für eine attraktive Buslinienführung, wo die Anwohner kurze Wege zu den Haltestellen haben und somit den Bus mehr nutzen könnten.

Das die Stimmung in der BBG nicht die Beste ist, kann man gut nachvollziehen, letztendlich werden die Angestellten für etwas zur Kasse gebeten, was zu einem nicht geringen Anteil im Eberswalder Rathaus und den Ämtern verursacht wurde. Vielleicht sollte man eher bei den politisch Verantwortlichen und den Amtsleitern die 9,5 % abverlangen.

Man muß sich auch fragen, ob die jetzige Gesellschaftsform der BBG mit den Landkreisen als Gesellschafter nicht überholt ist, schließlich werden in Bernau und Eberswalde auch Stadtverkehre abgewickelt. Immerhin hat sich der Landkreis Barnim zur BBG und damit zur Verantwortung für die Bürger bekannt, das sollte man nicht vergessen. Wenn die Stadt Eberswalde ihren Anteil an der Verantwortung dafür übernehmen würde, wäre das Interesse an einem funktionierenden Stadtverkehr nicht so unerhört gering und man könnte gemeinsam nach wirtschaftlich günstigen Wegen suchen, die nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der BBG verbessern würden, sondern auch den Angestellten und vor allem den Bürgern dieser Stadt entgegenkommen würden.

Ronald Krüger, Berlin den 26.01.2003